Meinung zum Gebäudemodernisierungsgesetz 2026
Die Bundesregierung plant, das Gebäudeenergiegesetz — besser bekannt als Heizungsgesetz — bis Ende Februar 2026 zu überarbeiten. Es soll Gebäudemodernisierungsgesetz heißen und technologieoffen, flexibel und einfach gestaltet sein. Unklar ist, welche Veränderungen vorgenommen werden. Wir haben unterschiedliche Fokusthemen näher beleuchtet und ziehen ein Fazit.
Fokusthema: Heizungstausch
Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) ist ein Landesgesetz in Baden-Württemberg. Es trat bereits 2008 in Kraft und wurde 2015 novelliert. Weit vor dem bundesweit gültigem Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung von Gebäuden per Landesgesetz geregelt, um den CO₂-Ausstoß zu senken.
Gegenüber dem GEG ist das EWärme-Gesetz im Falle eines Heizungsausfalls deutlich flexibler. Abweichend zum GEG bietet das EWärmeG die Möglichkeit, Ersatzmaßnahmen am Gebäude durchzuführen, mit denen CO2 gespart und die Bauwirtschaft angekurbelt werden kann. Dies führt dazu, dass auch Dämmmaßnahmen, der Einbau einer Photovoltaikanlage oder Energieberatungen mitbewertet werden. Äquivalent zu einem Heizbetrieb auf Basis erneuerbarer Energien werden den vorgenannten Ersatzmaßnahmen Prozentpunkte angerechnet. Beispielsweise könnte die 65 % EE-Pflicht aus dem GEG erhalten bleiben und um die vorgenannten Ersatzmaßnahmen nach dem Vorbild des EWärmeG ergänzt werden. So werden Eigentümer belohnt, die in den letzten Jahren bereits in die Gebäudehülle investiert haben oder Zukunft investieren möchten (bspw. weil eine Wärmepumpe baulich nicht umsetzbar oder unwirtschaftlich wäre). Die Erfüllung der 65 % Pflicht wird dadurch offener und mit verschiedenen Maßnahmen erfüllbar. Außerdem werden die bestehenden Landesrechte in Ländern wie Baden-Würtemberg, Schleswig-Holstein oder Hamburg obsolet (Vereinheitlichung der Gesetze). Dies würde zu einer Vereinfachung für bundesweit agierende Fachunternehmen führen.
Fokusthema: Energieausweise
Die energetische Bewertung eines Gebäudes basiert im GEG aktuell vorrangig auf der Bewertung des Endenergiebedarf/-verbrauch eines Gebäudes (Kenngrößen zur Einordnung in die Energieklassen gemäß Energieausweis). Desto niedriger dieser Wert ist, desto weniger muss ein Gebäude in der Betriebsphase mit extern zugeführter Energie (Strom, Gas, Öl) beheizt werden. Besonders Finanzinstitutionen achten aufgrund neuer Regularien und Risiken (Gaspreissteigerungen) verstärkt auf die energetische Bewertung eines Gebäudes. Die EU plant eine Vereinheitlichung der Energieausweise durch die Gebäuderichtlinie EPBD, die bis Mai 2026 in nationales Recht überführt werden soll. Es hieß ursprünglich, dass die Gültigkeit von Energieausweisen unterer Klassen (D‑G) auf fünf Jahre verkürzt wird. Allgemein sollte es nur Energieklassen A bis G geben (aktuell bis H).
Eine Veränderung würde für Softwareunternehmen, Fachexperten und Unternehmen, die Ihre ESG-Reports erstellen müssen, zusätzlichen Aufwand verursachen. Inhaltlich würde es zu einer transparenteren Bewertung des Ist-Zustands im Vergleich zu anderen Ländern kommen. Für die Bürger in Deutschland hätte dies wenig politische Strahlkraft. Auf volkswirtschaftlicher Ebene könnte es für Deutschland vorteilhaft sein, wenn man glaubt, dadurch im Ländervergleich sich besser darstellen zu können.
Fokusthema: Lebenszyklusanalyse
Bislang wird im Gebäudeenergiegesetz vorrangig die Nutzungsphase eines Gebäudes betrachtet. Energie, die zur Herstellung des Gebäudes, zur Modernisierung, beim Abriss und der Wiederherstellung benötigt wird, bleibt rechtlich unbeachtet. Dies führt dazu, dass graue Energie, die im Gebäude gespeichert oder zukünftig mit hoher Sicherheit emittiert, wertlos ist. Inhaltlich wäre eine Lebenszyklusbetrachtung korrekter, da graue Energie ökologisch gesehen sehr wertvoll ist und zukünftiger Abriss und das Recycling ökologisch bewertet werden sollten. Dies könnte dazu führen, dass technisch vermeintlich einfache Lösungen wieder attraktiver werden. Es entstünde ein neuer Wettbewerb über die führenden Technologien im Gebäudesektor, da der Bewertungsmaßstab angepasst wird.
Zugleich könnte der ökologische Fußabdruck einer Immobilie, welche historisch wenig CO2 verursacht hat, bilanziell besser gestellt werden, als eine Gebäudenutzung mit sehr kurzen Lebenszyklen. Die Bewertung einer Gebäudehistorie wird jedoch als herausfordernd bezeichnet. Lebenszyklusanalysen werden voraussichtlich vor allem im Neubau relevant. Hier ist eine Bewertung der geplanten Konstruktion anhand von Grenzwerten möglich, welcher technologieoffen erreicht werden kann.
Fazit: Mehr Technologieoffenheit, aber doch komplizierter?
Unabhängig von vielen politischen Diskussionen steht bereits seit langer Zeit fest, dass bedingt durch das EU-Recht eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes ansteht. Grundsätzlich sind verschiedene Veränderungen denkbar. Zu der größten medialen Aufregung führte die Einführung der 65 % EE-Pflichten im Falle eines Heizungsausfalls. Die tatsächlichen Auswirkungen waren deutlich geringer als oftmals kolpotiert wurde. Eine Einführung von Lebenszyklusanalysen oder eine Anpassung der Energieausweise sind Themen, welche die Fachwelt bewegen, politisch im Land jedoch nur eine geringe Aufmerksamkeit erfahren dürfte.
Vor allem medial wurde immer wieder eine eine Vereinfachung beim Heizungstausch gefordert. Die langjährigen Erfahrungen aus dem EWärmeG, beispielsweise in Bundesländern wie Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein oder Hamburg könnten einen Lösungsansatz bieten und helfen, den Handlungsspielsraum zu erweitern und anderweitige Investitionen in die Gebäudemodernisierung zu belohnen. Der Gesetzestitel GMG deutet bereits darauf hin, dass eine gesetzliche Abkehr von der erneuerbarer Energien Pflicht geplant sein könnte. Das Konzept der Ersatzmaßnahmen bietet Spielraum für Eigentümer, die keine hohen Kredite für Modernisierungen aufnehmen möchten (Liquiditätsengpässe, Zukunftsängste), oder Baumängel bei Modernisierung des Heizsystems befürchten (Fachkräftemangel). Ob die Ersatzmaßnahmen letztlich wirtschaftlicher sind als die Investition in eine neue Heiztechnologie ist im Einzelfall zu bewerten. Diese Fragestellung könnte erneut einen hohen Beratungsbedarf nach sich ziehen.
Bildquelle: KI-generierte Abbildung (ChatGPT)






