ESTATIKA

Die grüne Herausforderung im Gebäudebestand

Wir beschäfti­gen uns viel mit Kli­mazie­len und deren Umset­zung. Viele Wirtschafts­bere­iche und Einzelper­so­n­en rät­seln über die konkreten Auswirkun­gen auf die eigene Arbeit und das eigene Leben. Nach­fol­gend zusam­menge­fasst wer­den die Auswirkun­gen auf die Immo­bilien­wirtschaft, die Energieber­ater­branche und speziell die Immo­bilien­fi­nanzierung.

Globale und EU-weite Klimaziele

Glob­al agiert der IPCC (Weltk­li­marat) zur Förderung des Kli­maschutzes. Ziel ist die Ver­mei­dung bzw. Ver­ringerung des Ausstoßes von Treib­haus­gasen. Das maßge­bliche völk­er­rechtliche Ver­tragswerk zum inter­na­tionalen Kli­maschutz ist die Kli­marah­menkon­ven­tion der Vere­in­ten Natio­nen (Unit­ed Nations Frame­work Con­ven­tion on Cli­mate Change, ⁠UNFCCC⁠) [1]. Seit Beginn des 20. Jahrhun­derts bis heute hat sich die durch­schnit­tliche Tem­per­atur der Erdober­fläche bere­its um cir­ca 0,8 Grad Cel­sius erwärmt. Set­zt sich der steigende Emis­sion­strend weit­er fort, ist laut Welt­bankbericht bis Ende des Jahrhun­derts eine Erwär­mung von bis zu vier Grad Cel­sius zu erwarten [2]. Eine solche Erder­wär­mung hätte sig­nifikante Fol­gen für die Umwelt und darauf auf­bauend auch für das Zusam­men­leben der Men­schen.

Ziel ist daher die Hal­bierung (-50 bis ‑85 %) der glob­alen CO2-Emis­sio­nen bis 2050 gegenüber dem Niveau aus dem Jahr 2000. Mit dem Europäis­chen Grü­nen Deal (Euro­pean Green Deal, kurz EGD) hat die Europäis­che Kom­mis­sion 2019 das über­greifende Ziel der Treib­haus­gas­neu­tral­ität bis 2050 mit ein­er bre­it angelegten Wach­s­tumsstrate­gie ver­bun­den (nach­haltige Kreis­laufwirtschaft). Die daraus fol­gende geset­zliche Grund­lage ist das EU-Kli­maschutzge­setz aus dem Jahr 2021.

Ein glob­aler Fak­tor bei der Erder­wär­mung sind Treib­haus­gase­mis­sio­nen aus dem Gebäude­sek­tor. Weltweit beträgt der Anteil am Gesam­ten­den­ergie­ver­brauch im Gebäude­sek­tor ca. 35 % und hat damit einen wesentlichen Anteil am Kli­mawan­del. Im Kli­maschutzge­setz wur­den daher gezielt auch Anforderun­gen an den Energie- und CO2-Ver­brauch im Gebäude und an die Finanzierung von Immo­bilien gestellt. Aus den glob­alen Zie­len lassen sich weit­er­führend nationale Ziele ableit­en.

Maß­nah­men im Bere­ich der Gebäude wur­den in den EU-Gebäud­erichtlin­ien definiert. Die EU-Gebäud­erichtlin­ie gibt den Rah­men für die nationale Geset­zge­bung vor. Gemäß EU-Gebäud­erichtlin­ie vom 21.10.2022 sollen alle neuen Gebäude bis 2030 Nulle­mis­sion­s­ge­bäude sein. Alle beste­hen­den Gebäude sollen bis 2050 zu einem Nulle­mis­sion­s­ge­bäude umge­baut wer­den.[3] Ein Gebäud­eren­ovierungspass soll den Ver­brauch­ern Zugang zu Infor­ma­tio­nen ermöglichen und die Pla­nun­gen zur schrit­tweisen Ren­ovierung erle­ichtern [4]. Der Gebäud­eren­ovierungspass erle­ichtert die Ver­wen­dung neuer Kenn­zahlen für die Gesamten­ergieef­fizienz, u. a. des Enden­ergie­ver­brauchs und der Leben­szyk­lus-CO2-Emis­sio­nen. Es soll sichergestellt wer­den, dass eine Inau­gen­schein­nahme auf virtuellem Wege durchge­führt wer­den kann. Das Passsys­tem kön­nen die Gebäudeeigentümer:innen auf frei­williger Basis ver­wen­den [5].

Weit­er­en­twick­lungspoten­ziale beim Ver­gle­ich ener­getis­ch­er Kenn­zahlen ergeben sich beim Energieausweis (nutzerun­ab­hängiger Bedarf­sausweis vs. nutzer­ab­hängiger Ver­brauch­sausweis). Der Vorschlag zur EU-Gebäud­erichtlin­ie enthält weit­er­hin Def­i­n­i­tio­nen für emis­sions­freie Gebäude, umfassende Ren­ovierun­gen und Hypotheken­port­fo­lio­stan­dards. Die The­matik Bedarf­sausweis vs. Ver­brauch­sausweis wird auch bei Pfand­brief­banken und bei der Platzierung von Pfand­briefen am europäis­chen Finanz­markt disku­tiert (The­ma: Bew­er­tungskri­te­rien bei Green­Bonds).

Klimaschutz bei Bestandsgebäuden in Deutschland

Im Sinne des Kli­maschutzge­set­zes ist das bun­desweite Ziel, die Treib­haus­gase­mis­sio­nen von derzeit 122 Mio. t CO2-Äquiv­a­lente (Stand: 2019) auf 70 Mio. t CO2-Äquiv­a­lente im Gebäude­bere­ich zu reduzieren. Das entspricht ein­er Reduk­tion von ca. 40 %. Die Reduk­tion der Treib­haus­gase­mis­sio­nen soll im Gebäude­sek­tor sichergestellt wer­den durch drei wesentliche Maß­nah­men:

  1. Reduzierung des Sied­lungs­flächen­ver­brauch (weniger neue Bauge­bi­ete)
  2. Erhöhung des ener­getis­chen Neubau­s­tan­dards (nach­haltiges Bauen)
  3. Verbesserung des ener­getis­chen Gebäudezu­s­tands (Bestandssanierung)

Zur Reduzierung des Sied­lungs­flächen­ver­brauchs wurde das 30 ha Ziel im Zuge der Nach­haltigkeitsstrate­gie im Jahr 2017 fest­gelegt. Bund, Län­der, Städte und Kom­munen sind im Rah­men der jew­eili­gen Raum­pla­nung ange­hal­ten, Grün­flächen zu schützen (Punkt 1). Zur Erhöhung des ener­getis­chen Neubau­s­tan­dards wurde das Gebäudeen­ergiege­setz (GEG) zulet­zt im Jahr 2023 nov­el­liert. Weit­er­hin wur­den die Neubau-Förder­pro­gramme angepasst (Punkt 2). Gle­ich­es gilt für die Verbesserung des ener­getis­chen Gebäudezu­s­tands (Punkt 3). Hier liegt auch der förder­poli­tis­che Fokus.  Die Höhe der För­der­mit­tel­bud­get im Bere­ich Bestandssanierun­gen ist deut­lich höher als im Neubaubere­ich (ca. 13 Mrd. Euro vs. 1 Mrd. Euro Förder­bud­get).

Bun­desweit gibt es ca. 19 Mio. Wohnge­bäude, davon ca. 16 Mio. Ein-/Zweifam­i­lien­häuser und 3 Mio. Mehrfam­i­lien­häuser [6]. Wir gehen auf­grund der aktuellen Stu­di­en­lage davon aus, dass ca. 60 % aller Gebäude älter als 40 Jahre sind (vor Ein­führung der WSchV). Von diesen älteren Objek­ten haben mehr als die Hälfte keine Außen­wand­däm­mung, ein Drit­tel keine Dachdäm­mung und Dreivier­tel der Gebäude keine Fuß­bo­den- bzw. Kellerdeck­endäm­mung. Selb­st die gedämmten Wohnge­bäude sind in der Regel nicht voll­ständig gedämmt. Dabei ist der aller größte Teil im Besitz von Pri­vat­per­so­n­en. Die Stu­di­en deuten darauf hin, dass der größte Anteil am Gesam­ten­den­ergie­ver­brauch durch Ein- und Zweifam­i­lien­häuser verur­sacht wird. Der durch­schnit­tliche Enden­ergiebe­darf in deutschen Wohnge­bäu­den beträgt rund 125 kWh/m²a (entspricht Klasse D; Stand: 2020). Den größten Anteil am Gebäudeen­ergie­ver­brauch nimmt die Erzeu­gung von Raumwärme ein.

Zur Reduzierung des Energie­ver­brauch­es kann ein­er­seits die ther­mis­che Gebäude­hülle (gerin­gere Wärmev­er­luste), ander­er­seits die Energieerzeu­gung (höhere Energieef­fizienz, gerin­ger­er Energie­ver­brauch) verbessert wer­den. Zur Verbesserung der ther­mis­chen Gebäude­hülle wer­den Gebäude gedämmt und luft­dicht ver­siegelt. Zur Sich­er­stel­lung der Feuchteprob­lematik (Schim­mel­risiko) bei Luft­dichtheit kön­nen Lüf­tungsan­la­gen ver­baut wer­den. Zur Erhöhung der Energieef­fizienz wer­den effizien­tere tech­nis­che Anla­gen ver­baut (Heizung, Heizwärmev­erteilung, Lüf­tung etc.). Gle­ichzeit­ig kön­nen zur Wärme- und Stromver­sorgung die erneuer­baren Energien einge­set­zt wer­den (z. B. durch Pho­to­voltaikan­la­gen, Solarther­mie, Geot­her­mie etc.).

Eine Her­aus­forderung für staatliche Ein­rich­tun­gen beim Erre­ichen der fest­gelegten Kli­maziele ist die Pro­jek­tierung bei den Immo­bilieneigen­tümern und Immo­bilien­in­ve­storen, sowie die Umset­zung bei Handw­erk­sun­ternehmen. Zur Moti­va­tion sind ver­trauenswürdi­ge Angaben über die Wirtschaftlichkeit ener­getis­ch­er Sanierungs­maß­nah­men notwendig.

Auswirkungen in der Immobilienwirtschaft

Seit dem rus­sis­chen Angriff­skrieg im Jahr 2022 sind die Gaspreise (Primären­ergie) und damit auch die Strompreise (Sekundären­ergie) drastisch gestiegen. Noch im Jahr 2020, vor der Energiekrise, war Gas mit ca. 550.000 Gas-Bren­nwertkesseln die führende Tech­nolo­gie im Bere­ich der Wärmeerzeu­gung, deut­lich vor Wärmepumpen (ca. 120.000). Über­tra­gen auf die damit ver­bun­de­nen Energi­eträger ist die Abhängigkeit vom extern geliefer­ten Gas und Strom im deutschen Gebäudebe­stand sehr hoch. Im Jahr 2014 gaben Immo­bili­en­nutzer rd. 73 Mrd. Euro für Raumwärme, Warmwass­er, Beleuch­tung und Küh­lung aus [7].

Zur Kostensenkung bzw. Ver­ringerung des Energie­ver­brauchs sind Energieeinspar­maß­nah­men (gerin­gere Raumtem­per­a­turen, opti­miertes Heizver­hal­ten) und ener­getis­che Gebäude­sanierun­gen die Möglichkeit­en, um den steigen­den Energiekosten kurz-bis mit­tel­fristig ent­ge­gen­zuwirken. Energieeinspar­maß­nah­men sind oft nur mit Abstrichen möglich, da damit auch Kom­fortver­luste und Schim­mel­ge­fahren (kalte Innen­raum­luft) entste­hen. Weit­er­hin haben die EU-weit­en Anforderun­gen an die Finanzierung von Immo­bilien, sowie der steigende Ein­fluss der Energiekosten auf die gesamten Wohnkosten dazu geführt, dass Immo­bilien mit hohen Energiebe­darf­swerten schlechter bew­ertet wer­den. Für Eigentümer:innen und Immo­bilien­in­ve­storen/-investorin­nen (Projektentwickler:innen) entste­ht wert­tech­nisch und aus Grün­den steigen­der geset­zlich­er Anforderun­gen ein neuer Anreiz, Gebäude ener­getisch zu sanieren. Der Ein­satz Erneuer­bar­er Energien (z. B. Pho­to­voltaik, Solarther­mie, Wärmepumpe) sorgt zudem für eine höhere Unab­hängigkeit von zen­tralen Gas- und Stro­man­bi­etern für die darin leben­den Nutzer.

Eine wesentliche Her­aus­forderung für die Immobilieneigentümer:innen und Immo­bilien­in­ve­storen/-investorin­nen ist trotz Wirtschaftlichkeit der Maß­nah­men die Finanzierung der ener­getis­chen Gebäude­sanierungs­maß­nah­men (Liq­uid­ität­sprob­lem), sowie der Ver­gle­ich zu Alter­na­tiv­in­vesti­tio­nen. Zur Finanzierung der Sanierungs­maß­nah­men sollen die Zuschüsse vom Staat in Form vergün­stigter Kred­ite, Son­der­til­gungszuschüsse und steuer­lichen Abschrei­bun­gen helfen. Eigentümer:innen benöti­gen jedoch weit­er­hin entsprechen­des Know-How (Beratung), langfristige wirtschaftliche Sicher­heit, sowie Eigen- und Fremd­kap­i­tal von Banken. Banken wiederum benöti­gen Know-How und die Bere­itschaft, staatliche Förder­pro­gramme aktiv in die Finanzierung einzu­binden. Dies war in der Ver­gan­gen­heit nicht immer der Fall.

Auswirkungen auf die Immobilienfinanzierung

Die Finanzwirtschaft all­ge­mein spielt für Volk­swirtschaften und die Weltwirtschaft eine zen­trale Rolle. Ihre Auf­gabe ist es, Investi­tio­nen aus der Real­wirtschaft zu finanzieren. Banken, wie beispiel­sweise Kred­it­banken, Pfand­brief­banken oder Uni­ver­sal­banken, haben ver­schiedene Anreize, die glob­alen Kli­maschutzzie­len zu berück­sichti­gen.

Zum einen steigen die geset­zlichen Anforderun­gen und Reg­u­la­to­rien (EU-Tax­onomie, ESG), ander­er­seits gilt es zukün­ftig die steigen­den Umwel­trisiken finanziell neu zu bew­erten. Glob­al betra­chtet zeigen Unter­suchun­gen des Weltwirtschafts­fo­rum 2020, dass mit­tler­weile die ökol­o­gis­chen Risiken (Extremwet­ter, Scheit­ern des Kli­maschutzes, Naturkatas­tro­phen, Ver­lust der Bio­di­ver­sität, men­schengemachte Umweltkatas­tro­phen) die größten Risiken für die Finanzwirtschaft darstellen. Die Finanzwirtschaft hat durch das Kred­it- und Ver­sicherungs­geschäft oder eige­nen Investi­tio­nen in Immo­bilien einen wichti­gen Ein­fluss auf die Entwick­lung eines kli­ma­neu­tralen Gebäudebe­standes. Die im Jahr 2020 veröf­fentlichte “EU-Tax­onomie” ist ein zen­traler Baustein der reg­u­la­torischen Maß­nah­men. Die Tax­onomie erle­ichtert eine ein­heitliche Einord­nung ein­er “grü­nen” Investi­tion, wen­ngle­ich ein­heitliche Kri­te­rien im Detail noch nicht aus­for­muliert wur­den (Stand: 2022) [8].

Die steigen­den Anforderun­gen der Inve­storen und Reg­u­lar­ien führen dazu, dass attrak­tive Ren­diten am Finanz­markt zukün­ftig ver­stärkt bei grü­nen Pfand­briefen möglich sein wer­den (gilt für Pfand­brief­banken und Uni­ver­sal­banken). Die Freiga­be finanzieller Mit­tel seit­ens der EZB wird stren­geren Reg­u­lar­ien unter­zo­gen. Dies wird zu ein­er Steigerung der Attrak­tiv­ität grün­er Immo­bilien­fi­nanzierun­gen führen (gilt für Kred­it- und Uni­ver­sal­banken).

In der Immo­bilien­wirtschaft spricht man bere­its von “Strand­ed Assets”, also Immo­bilien, die in weniger attrak­tiv­en Lagen und schlechtem ener­getis­chen Gebäudezu­s­tand erhe­blich an Wert ver­lieren wer­den. Der ener­getis­che Zus­tand wird zu einem bedeu­ten­den Bew­er­tungs­fak­tor. Begrün­det wird dies durch fehlende Nach­frage bei Mietern/Mieterinnen und Käufern/Käuferinnen (steigende Energiepreise und höhere Wohnan­forderun­gen), den schwierigeren Bedin­gun­gen bei der (Re-) finanzierung (siehe oben) und einem neuen Konkur­ren­z­druck. Für Banken kön­nten sich unvorteil­hafte Eigenkap­i­ta­lan­forderun­gen ergeben, die eine Senkung der Eigenkap­i­tal­ren­dite zur Folge hät­ten.

Zur Bew­er­tung ein­er grü­nen Immo­bilie wer­den EU-weite Kri­te­rien fest­gelegt, die sich aktuell vor allem anhand der Energieef­fizien­zk­lasse laut Energieausweis und der Höhe des Primären­ergiebe­darfs in Rela­tion zum nationalen/regionalen Gebäudebe­stands ableit­en lassen [9]. Die Anforderun­gen lassen sich flächen­deck­end nur mit entsprechen­der Ver­füg­barkeit von Gebäude­dat­en nach­weisen. Für die Erstel­lung der Energieausweise und der späteren Zer­ti­fizierung von grü­nen Pfand­briefen und Invest­ment­fonds sind Fach­ex­perten/-exper­tin­nen (zer­ti­fizierte Energieberater:innen) notwendig. Erste Ein­schätzun­gen zur strate­gis­chen Aus­rich­tung sind bere­its kurzfristig mit neuar­ti­gen Tools möglich.

Bei der Finanzierung von Altbestän­den beste­ht die Her­aus­forderung darin, die vorhan­de­nen (bei Anschluss­fi­nanzierun­gen) und zukün­fti­gen Eigentümer:innen (bei Erb­schaft oder Verkauf) von ein­er ener­getis­chen Gebäude­sanierung zu überzeu­gen. Eine Überzeu­gung ist möglich, wenn gün­stigere Zins­be­din­gun­gen, oder Son­der­til­gungszuschüsse ange­boten wer­den kön­nen. Dieser Mark­tvorteil bed­ingt eine Vor­ab-Ein­schätzung, welchen Energi­e­s­tandard die geplanten Sanierungs­maß­nah­men erfüllen wer­den.

Gle­ichzeit­ig ergeben sich für Banken bei Sanierungs­maß­nah­men höhere Finanzierungsrisiken (schw­er kalkulier­baren Sanierungskosten, unsichere Auswirkun­gen auf die Immo­bilien­be­w­er­tung). Aus diesem Grund fordern Banken ver­mehrt Kosten­schätzun­gen von exter­nen Fach­ex­perten/-exper­ti­nenn (Architekten/Architektinnen, Ingenieure/Ingenieurinnen, Energieberater:innen). Bei Immo­bilien­be­w­er­tun­gen im Rah­men der Finanzierungs­ber­atung wurde bis­lang häu­fig davon aus­ge­gan­gen, dass zwis­chen Käufer:in und Verkäufer:in der vere­in­barte Preis den aktuellen Mark­twert wider­spiegelt, sodass zur Ableitung der Finanzierungs­be­din­gun­gen vere­in­facht der Belei­hungswert ermit­telt wer­den kann (prozen­tualer Abschlag). Die Angaben sind hil­fre­ich, um Kunden/Kundinnen mit möglichst wenig Beratungsaufwand (Ver­trieb­skosten für die Banken) eine passende Immo­bilien­fi­nanzierung anbi­eten zu kön­nen. Die Vorge­hensweise funk­tion­iert bei Bestand­sim­mo­bilien (ohne große Maß­nah­men) und Neubaupro­jek­ten (hohe Ver­gle­ich­barkeit, gute Daten­grund­lage) erfahrungs­gemäß gut. Bei Alt­ge­bäu­den mit Sanierungs­be­darf ist eine indi­vidu­elle Vor­ab-Ein­schätzung erforder­lich, damit Effizien­zhaus-Stan­dard, Sanierungskosten und Immo­bilien­wert sich im Nach­hinein nicht als unre­al­is­tisch darstellen und hohe Ver­trieb­skosten entste­hen, die sich im Wet­tbe­werb zu anderen Banken als nachteilig erweisen kön­nen.

Der digitale Gebäudebestand als flächendeckende Bewertungsgrundlage

In der Gesellschaft ist all­ge­mein fest­stell­bar, dass vor allem Pri­vatkun­den/-kundin­nen ver­mehrt web­basierte Beratungsange­bote nutzen, sodass bei der Kun­dengewin­nung zukün­ftig ansprechende Beratungstools und qual­i­fizierte Erst­ber­atun­gen eine wichtige Rolle in einem neuen Finanzierung­sum­feld ein­nehmen wer­den. Steigen­der Druck im Bere­ich der Immo­bilien­fi­nanzierung ergibt sich durch gestiegene Zin­skosten, begren­zten För­der­mit­teln im Neubau und den damit ein­herge­hend sink­enden Neubauan­fra­gen.

Bei eini­gen Anbi­etern wer­den bere­its neue Tools zur ener­getis­chen und wirtschaftlichen Immo­bilien­be­w­er­tung in der Finanzierungs­ber­atung einge­set­zt. Wohinge­gen die Entwick­lung von rech­n­ergestützten Tools zur wirtschaftliche Immo­bilien­be­w­er­tung über die let­zten Jahre weit vor­angeschrit­ten ist, gibt es im Bere­ich ener­getis­ch­er Bew­er­tun­gen bis­lang erst wenige flächen­deck­ende und beratungs­fre­undliche Ange­bote. Der Grund dafür sind in der Regel fehlende Gebäude­dat­en, fehlende spezial­isierte Geschäftsmod­elle und in der Ver­gan­gen­heit auch Anreize zur Nutzung. Schließlich wurde in den let­zten Boom-Jahren vorzugsweise der Neubau finanziert (hohe Förderzuschüsse im Bere­ich KfW 55 etc.). Ein gutes Bew­er­tungsmod­ell erfordert method­is­che Ken­nt­nisse, hin­re­ichend detail­lierte Gebäude­dat­en und eine anwen­der­fre­undliche Umset­zung. Fachin­ge­nieure/-inge­nieurin­nen ver­wen­den schließlich eine andere Sprache als Finanzierungsberater:innen. Weit­er­hin basieren die vorhan­de­nen Bew­er­tungsmod­elle auf groben Annah­men, die wiederum über die Ein­hal­tung von Effizien­zhaus-Stan­dards und damit der För­der­mit­tel­höhe entschei­den kön­nen.

Gegen­wär­tig wird der ener­getis­che Gebäude-Istzu­s­tand auf Basis von Ver­brauchs­dat­en ermit­telt und darauf auf­bauende Empfehlun­gen abgeleit­et. Der Energie­ver­brauch ist allerd­ings eine nutzer­spez­i­fis­ch­er Ken­ngröße, die nicht die Qual­ität des tat­säch­lichen Gebäudezu­s­tand wiedergibt. Die Alter­na­tive ist eine Indi­vid­u­al­ber­atung. Aus Banken­sicht ist dies eine kosten­in­ten­sive Option, die einzel­nen Kunden/Kundinnen (großvo­lu­mi­gen Immo­bilien und Pro­jek­ten­twick­lun­gen) voren­thal­ten bleibt. Energieef­fizienz-Experten/-Exper­tin­nen wer­den häu­figer nach Sanierungskosten­schätzun­gen und erziel­baren Effizien­zhaus-Stan­dard gefragt. Diese sind finanzierungsrel­e­vant, weil davon die Förderzuschüsse und Kred­itbe­din­gun­gen abhän­gen.

Wir gehen ins­ge­samt davon aus, dass qual­i­fizierte Energieef­fizienz-Experten/-Exper­tin­nen und Ingenieure/Ingenieurinnen, die Prob­leme in der Immo­bilien­fi­nanzierung ver­ste­hen, entsprechende Beratungstools durch Part­ner­schaften mit IT-Entwickler:innen vorstellen kön­nen und darüber hin­aus auch im Bere­ich von Green­Bonds, ESG und weit­eren The­men berat­en, wer­den mas­sive Wet­tbe­werb­svorteile und eine hohe Nach­frage erleben. Das Feed­back und die Rück­mel­dung unser­er Partner:innen, Kunden/Kundinnen und Net­zw­erke geben uns hier Recht. Wir dür­fen ges­pan­nt sein auf die weit­ere Zukun­ft. Unsere Kunden/Kundinnen dür­fen auf unsere Tools ges­pan­nt sein. Ener­getis­che Kri­te­rien im Gebäudebe­stand, Bew­er­tungsmod­elle und anschließende Bew­er­tun­gen und Betreu­un­gen durch Fach­ex­perten/-exper­tin­nen wer­den jeden­falls zukün­ftig ver­stärkt im Fokus ste­hen.

Der Text erhebt keinen wis­senschaftlichen Anspruch. Hier enthal­ten sind Erfahrungswerte aus unser­er Beruf­sprax­is und vere­inzel­nd Zahlen aus Pub­lika­tio­nen Drit­ter. Bei Rück­fra­gen zu den einzel­nen Angaben kön­nen Sie sich gerne bei uns unter info@estatika.de melden.

Autor: Dr. Christoph Ebbing, Geschäfts­führer ESTATIKA GmbH


Quellenangaben:

[1] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/internationale-eu-klimapolitik#internationale-klimapolitik

[2] Ebd.

[3] Nulle­mis­sion­s­ge­bäude sind Gebäude, die keine CO2-Emis­sio­nen aus fos­silen Brennstofen und nur sehr geringe Men­gen an Treib­haus­gase­mis­sio­nen verur­sachen.

[4] Der Ren­ovierungspass ist ver­gle­ich­bar mit dem indi­vidu­ellen Sanierungs­fahrplan.

[5] https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13280–2022-INIT/de/pdf

[6] Hier gibt es leicht unter­schiedliche Schätzungen/Zählungen, z. B. der AG Energiebi­lanzen e. V. (AGEB), des Bun­desmin­is­teri­ums für Wirtschaft und Kli­maschutz (BMWi) und der dena (Deutsche Energie-Agen­tur GmbH)

[7] https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2021/dena-Gebaeudereport_2021_-_Fokusthema_Zahlen__Daten__Fakten.pdf

[8] Ebd.

[9] https://www.pfandbrief.de/site/de/vdp/sustainable_finance/eu-taxonomie/auf_einen_blick.html#par_3.1