Was sind Sowieso-Kosten?
Die energetische Gebäudesanierung ist ein Trendthema unserer Zeit. Viele Eigentümer und Eigentümerinnen sehen sich konfrontiert mit steigenden gesetzlichen Anforderungen, CO2-Kosten, Energiekosten und Co. Aus den vielen offenen Fragen folgt häufig die Beauftragung einer Energieberatung. Im Energieberatungsbericht werden plötzlich Sowieso-Kosten aufgeführt. Die Kalkulation der Sowieso-Kosten stößt im weiteren Austausch häufig auf viele Gegenfragen. Wieso und was das eigentlich Sowieso-Kosten sind, wird nachfolgend erläutert. Sie haben schließlich eine hohe Relevanz bei der Frage der Wirtschaftlichkeit einer energetischen Gebäudesanierung.
Was sind Sowieso-Kosten bei einer energetischen Sanierung?
Als Sowieso-Kosten werden Kosten bezeichnet, die in Zukunft “sowieso” anfallen werden. Sie ergeben sich bei energetischen Gebäudesanierungen aufgrund eines Instandhaltungsrückstau, oder durch kommenden gesetzlichen Auflagen. Ein Instandhaltungsrückstau bezeichnet einen Zustand, bei dem technische Maßnahmen notwendig wären, um die Funktion eines Bauteils (z. B. einer Heizung) wieder herzustellen. Bei einer Heizung entsteht ein Instandhaltungsrückstau, wenn die Heizung nicht regelmäßig gewartet wurde und infolgedessen nicht mehr den ursprünglichen Effizienzgrad erfüllt. Zu den gesetzlichen Auflagen gehören Gebote wie die nachträgliche Dämmung der Geschossdecke/Dachdecke, oder Verbote wie die Nutzung veralteter Heizungsanlagen (z. B. 30 Jahre alte Ölheizungen). Sowieso-Kosten, abgeleitet aus Ver- und Gebote sind nahezu unstrittig, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass entsprechende Gesetze (hier das GEG) in Zukunft wieder gelockert werden (UN Klimaziel “1,5 ° Grad” lässt grüßen).
Diskussionsbedarf bei der Höhe der Sowieso-Kosten
Strittig jedoch ist die Definition des technischen Gebäudezustands zum Bewertungsstichtag. Ähnlich wie bei einer sogenannten “Technical Due Diligence” sollte der technische Zustand der energetisch relevanten Bauteile bei einer Energieberatung beurteilt werden. Zu einer Beurteilung gehören abschließend auch Angaben zu den voraussichtlichen Instandhaltungskosten. Weiterhin sollte berücksichtigt werden, wann und in welchem Intervall entsprechende Kosten anfallen würden. Dies wiederum ist abhängig von der Restlebensdauer eines Bauteils. Allgemein können Angaben zum Instandhaltungsrückstau nur geschätzt werden. Statistische Anhaltswerte liefern einen wichtigen Indikator. Sie können in der Realität über- aber auch unterschritten werden. Bei einem BAFA-geförderten individuellen Sanierungsfahrplan werden keine einheitlichen Bewertungsstandards vorgegeben. Die Beurteilung des Ist-Zustandes und der damit verbundenen Definition eines Instandhaltungsrückstaus (monetär ausgedrückt in Euro) ist damit der Gutachterin oder dem Gutachter überlassen.
Einfluss der Sowieso-Kosten auf die Wirtschaftlichkeit
Bei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zur Beantwortung der Frage, ob sich eine energetische Gebäudesanierung als lohnenswert erweist, werden Sowieso-Kosten sehr relevant. Desto höher die Sowieso-Kosten angesetzt werden, desto geringer sind die Kosten, die eine energetische Verbesserung erzeugen. Im Umkehrschluss kann durch Annahme hoher Sowieso-Kosten und überschrittener Lebensdauer der Bauteile eine energetische Gebäudesanierungen sehr schnell wirtschaftlich erscheinen (kurze Amortisationsdauer). Es entsteht ein hoher Beratungs- und Erklärungsbedarf. Der Grund dafür ist, dass Sowieso-Kosten angesetzt werden, die es in der Realität gegebenenfalls so nicht geben würde. Die Definition von zukünftig anfallenden Kosten ist für einige Eigentümer:innen, Investoren/Investorinnen, WEG-Verwalter:innen und Co. zu theoretisch (“Meine Heizung hat schon 20 Jahre gehalten!”).
Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit Hilfe von Szenarioanalysen
Bei Wirtschaftlichkeitsrechnungen sollten Kosten, aber auch Nutzeneffekte (Fördermittel, Energiekosteneinsparungen, CO2-Kosten, steuerliche Abschreibungen und Co.) vollumfänglich dargestellt werden. Viele Nutzeneffekte werden beim Standard-Sanierungsfahrplan nicht explizit berücksichtigt. Wir empfehlen Immobilieneigentümern/-eigentümerinnen, Immobilieninvestoren/-investorinnen, Treuhandgesellschaften und WEG deswegen zusätzlich eine Szenarioanalyse durchzuführen. Allgemein sind Szenarioanalysen In den Druckvorlagen des Fördermittelgebers nicht vorgesehen.
Die Beibehaltung des aktuellen Ist-Zustands, die “Instandhaltung” und die “energetische Gebäudesanierung” sind real betrachtet drei unterschiedliche Szenarien. Weitere Szenarien können sich durch Betrachtung unterschiedlicher Sanierungsszenarien (Einzelmaßnahmen vs. Komplettsanierung) ergeben. Hierbei gilt zu beachten, dass beim Szenario “Ist-Zustand” wahrscheinlich Komfortverluste, nachhaltige Schäden, Gefahr von Strafzahlungen (Nichteinhaltung der Gesetze) und Wertverluste, sowie höhere Energiekosten eintreten können. Das Risikos eines Instandhaltungsrückstau kann beispielsweise dargestellt werden, indem das tatsächliche Bauteilalter einer statistisch erfassten technischen Lebensdauer gegenübergestellt wird. Die Beurteilung des Risikos eines Instandhaltungsrückstaus wird dadurch der Eigentümer:in überlassen und verbessert die Entscheidungssituation. Weiterhin sollte das Know-How der Eigentümer:innen, Hausverwalter:innen und Nutzer:innen bei den Berechnungen berücksichtigt werden. Sie kennen Ihr Gebäude häufig besser als ein unabhängiger Energieberater.
Noch Fragen?
Sollten weiterführende Fragen zu den Inhalten eines individuellen Sanierungsfahrplans, der Investitionsrechnung und Szenarioanalyse, Fördermittel und deren Anforderungen, CO2-Kosten oder der technischen Umsetzung einer Gebäudesanierung auftreten, können Sie uns gerne kontaktieren.